3.3 Gesundheitspolitisch notwendige Raumakustik
Gute (nachhallarme) Raumakustik
· verringert Stress (gut untersucht für die Pädagogen) (Oberdörster & Tiesler 2006)
· verringert Blutdruck-Anstieg (Oberdörster & Tiesler 2006)
· verringert Anstieg der Pulsfrequenz (Oberdörster & Tiesler 2006)
· verringert Gefahr der Lärm-Schwerhörigkeit (z. B. in Sporthallen, Mensen und deren Küchen) (Leistner et al. 2015), (Leistner 2017)
· verringert Gefahr des lärmverursachten Tinnitus (BLLV 2011), (DTL 2004)
· verringert die Sprech-Anstrengung und Stimmerkrankungen
· verringert deshalb den Krankenstand bei Lehrerinnen und Schülerinnen
· verlängert dadurch die Lebens-Arbeitszeit der Lehrkräfte
· spart deshalb Geld
Abbildung 3.2 Extra-aurale Lärmwirkungen © e-learning Bauphysik
Nur jede vierte Lehrkraft erreicht das Regel-Rentenalter (Statistisches Bundesamt 2018). Tinnitus, Burnout und lärmverursachte Schwerhörigkeit sind die häufigsten Gründe für die Frühberentung von Lehrerinnen, im Mittel mit 63,5 Jahren (Statistisches Bundesamt Presse 2018); in der Statistik verstecken sie sich hinter der Bezeichnung „psychosomatische Beschwerden“ (BLLV 2011). Eine bessere Raumakustik könnte also dem Lehrerinnenmangel abhelfen.
Dass sich solche Maßnahmen gesamtwirtschaftlich lohnen, zeigt folgende Überschlags-Rechnung: Die Dauer der vorzeitigen Berentung beträgt etwa 42 Monate. Eine akustische Klassenraum-Sanierung kostet etwa so viel wie drei durchschnittliche Ruhegehälter von 3.200,-€ (news4teachers 2019). Könnte die betreffende Lehrkraft allein wegen der besseren Raumakustik bis zur Regel-Altersgrenze arbeiten, würde man den Betrag von 39 Ruhegehältern einsparen und hätte darüber hinaus in diesem Zeitraum eine Lehrkraft mehr zur Verfügung. Die besseren Ausbildungs-, Berufs- und Verdienstchancen der Kinder, verbunden mit wiederum höheren Steuereinnahmen, und auch die geringeren Kosten für die Krankenkassen sind weitere positive Effekte. Auch könnte man für die eingesparten 39 Ruhegehälter weitere 13 Klassenräume sanieren.
Und das gilt alles für Menschen mit und ohne Hörschädigung! Auf der „Empfängerinnenseite“ wird zwar beim schlechten Verstehen meistens nur an Kinder mit Hörschädigung gedacht. Dies wurde in DIN 18041 von 2004 noch durch den Zusatz abgebildet, dass dieser Personenkreis um 20 % kürzere Nachhallzeiten benötigt. Das war sozusagen eine „exklusive Lösung für die ganz besonderen Menschen“. Exklusive Maßnahmen dienen aber nicht der Inklusion!
Die jetzige Normfassung von 2016 fordert diese kürzeren Werte jetzt für ALLE Neu- und Umbauten. Und tatsächlich sind auch alle Personen betroffen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, ebenso wie deutschsprachige im Fremdsprachenunterricht, Personen mit AVWS, ADHS oder Autismus-Spektrum-Störungen. Personen mit Sehbehinderungen sind nach dem Zwei-Sinne-Prinzip ganz extrem auf eine gute Sprachverständlichkeit angewiesen, weil der visuelle Kanal der Informationsaufnahme (Absehen von den Lippen, Texte) fehlt! Darüber hinaus ist auch jeder vierte Unterrichtende im Alter oberhalb von 50 Jahren von Schwerhörigkeit betroffen (Sohn & Jörgenshaus 2001). In diesem Sinne ist der Bedarf an verstehgerechter Raumakustik in jedem Klassenraum (und Fach-Klassenraum) vorhanden und nicht ausschließlich in den sogenannten I-Klassen.
Weiterhin sind zahlreiche Räume in Bildungsbauten im Hinblick auf „Lärmminderung am Arbeitsplatz“ zu betrachten. Hier steht der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen im Vordergrund (und unter Beobachtung der Unfallkassen, Gewerbeaufsichtsämter und dergl.).
Die Norm DIN 18040-1 verweist hinsichtlich der akustischen Anforderungen für die sensorische Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher Gebäude auf DIN 18041. Beide Normen sind gemäß „Leitfaden Barrierefreies Bauen“ des Bundes-Bauministeriums von 2016 „allgemein anerkannte Regeln der Technik“, für deren Einhaltung Planerinnen und Ausführende haftbar sind.
Es gibt nur eins, was teurer ist als Bildung:
keine Bildung!
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