5.1      Generelle Anforderungen zu Inklusion und Barrierefreiheit

15 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention wird der elementaren Barrierefreiheit in Bildungsbauten kaum die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt. Selbst die bestehenden und zahlreich beschriebenen Normen und Regelwerke werden im Neubau oder bei umfangreichen Sanierungsmaßnahmen nicht umfänglich umgesetzt. Dabei werden weder die positiven Auswirkungen eines barrierefreien Gebäudes für alle Nutzerinnen – also die Idee des „Universal Design“ - noch die finanziellen und diskriminierenden Folgen damit verbundenen Exklusion und der notwendigen Nachbesserungen beachtet. Degenhardt 2024

Die Ratifizierung der UN-BRK durch die Bundesregierung im Jahr 2009 war der Anlass, DIN 18041:2004 zu überarbeiten, denn seitdem sind öffentlich zugängliche Neubauten von vornherein inklusiv zu bauen und auch bei Umbauten und Modernisierungen sollen die inklusiven Anforderungen berücksichtigt werden. Das gilt auch für die Anforderungen an die Raumakustik. Dem trägt die Normfassung von 2016 Rechnung, indem die inklusiven Anforderungen jetzt nicht mehr „ganz besondere Anforderungen für ganz besondere Menschen“, sondern die Standardanforderungen darstellen und die Zahlenwerte für nicht inklusiv nutzbare Räume nur noch informativ für eine Beurteilung bestehender Räume angegeben sind.

An diese Vorgaben hat sich inzwischen z. B. auch die Freie und Hansestadt Hamburg mit dem „Planungsleitfaden Barrierefreies Bauen an staatlichen Schulen der Freien und Hansestadt Hamburg“ mit dem Stand vom 2022-03-08 angepasst. Im Kapitel 3.1 heißt es: Inklusion ist ohne Barrierefreiheit nicht möglich!

Im Kapitel 3.3 wird das BSB-Musterflächenprogramm von 2018 zitiert, wonach das Recht auf inklusive Bildung in Zukunft bei allen anstehenden Schulbaumaßnahmen Berücksichtigung findet. Im Kapitel 3.4 wird zu den Allgemeinen Schulen festgestellt: Aufwachsend werden an allen Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien angemessene Voraussetzungen für eine inklusive Beschulung geschaffen.

Für die Anwendung im Schulbau heißt es im Kapitel 4.1: Bei komplexeren Bauvorhaben, insbesondere im Bestand, ist ein qualifizierter Planer zu beteiligen. Dies ist im Regelfall der mit der Baumaßnahme beauftragte Architekt, kann in besonderen Fällen aber auch ein zusätzlich hinzugezogener Planer sein.

Zu dieser im Bereich von Bildungsstätten unbedingt notwenigen Inklusion gehört nicht nur die (immer wieder noch als erstes bedachte) Rollstuhl-Befahrbarkeit und weitere Erschließung für Gebäude-Nutzerinnen mit motorischen Einschränkungen. Dazu gehören vielmehr auch entsprechende Ausstattungen für Menschen mit Einschränkungen des Sehens und des Hörens/Verstehens; und bei letzteren wird viel zu selten an den hohen Anteil „fremdhörender“ Personen mit internationaler Herkunft gedacht. Für die Zuhörerinnen mit Sehschädigung muss der auditive Sinn (nach dem Zwei-Sinne-Prinzip) exzellent unterstützt werden. Alle genannten Personenkreise benötigen kurze Nachhallzeiten und niedrige Störgeräusche.

Noch weniger sind bisher die Einschränkungen in den Fokus gekommen, die ebenfalls nicht sichtbar sind und bei denen die Aufnahme der gehörten Informationen durch Störgeräusche (AVWS) oder durch „anderweitige Reize“ erschwert wird (ADHS, ASS). In diesem Zusammenhang wird von den Lehrerinnen immer wieder darüber geklagt, dass diese Personen sich nicht nur auffällig, sondern auch störend verhalten. Auch für alle diese Fälle ist inzwischen nachgewiesen, wie günstig sich kurze Nachhallzeiten und niedrige Störgeräusche in den Räumen auswirken.

Der Raum ist der dritte Pädagoge!

https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/278835/der-raum-als-dritter-paedagoge-ueber-neue-konzepte-im-schulbau/

In mehreren Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass der Krankenstand sowohl bei den Lehreinnen als auch bei den Schülerinnen drastisch zurückging, nachdem die Klassenräume akustisch saniert bzw. an den Bedarf einer einzelnen Schülerin angepasst wurden. Auf diese Weise können erhebliche Kosten eingespart werden, die nicht nur durch die Krankheit, sondern auch durch zusätzlich erforderliches Personal entstehen.

Wie / wer behauptet,
Barrierefreiheit sei „zu teuer“,
die / der denkt zu kurz.

                                                                            Carsten Ruhe

 

Heterogenität als Schatz sehen
ist die Basis von Inklusion.

Lengwenus, Schulleiter Schwerpunktschule Alter Teichweg

 

Ein inklusives Bildungssystem
ohne Partizipation
ist nicht möglich.

Elternverein "Leben mit Behinderung Hamburg"

 

Inklusion ist Menschenrecht
und kein Almosen.