5.2    Anforderungen nach DIN 18041, Raumgruppe A

Die Norm behandelt in der sogenannten Raumgruppe A (RG A1 bis RG A5) unter anderem Maßnahmen, mit denen eine ausreichende Hörsamkeit, insbesondere Sprachverständlichkeit in Kindertageseinrichtungen, Unterrichts- und Ausbildungsräumen, Sitzungszimmern, Aulen, kleinen Hörsälen und kleinen Versammlungsräumen sichergestellt werden kann.

Beispiele für Räume der Gruppe A, wie sie im Bildungsbau allgemein vorkommen können, ergeben sich wie folgt:

Tabelle 5.2.1 Auszug aus DIN 18041, Tabelle 1 - Beschreibung der Nutzungsarten für Räume der Gruppe A

Raum-gruppe

Beschreibung

RG A1

Musik, vorwiegend musikalische Darbietungen

Musikraum mit aktivem Musizieren und Gesang

RG A3

Sprache/Vortrag inklusiv a

Gerichts- und Ratssaal, Gemeindesaal, Hörsaal, Versammlungsraum, Schulaula

RG A4

Unterricht/Kommunikation inklusiv a

Tagungsraum, Konferenzraum, Klassen- / Fachklassenraum,
Differenzierungsraum, Gruppenraum, Seminarraum

RG A5

Sport

Sport- und Schwimmhallen
für nahezu ausschließliche Nutzung als Sportstätte

a Aus dem Behindertengleichstellungsgesetz, vergleichbaren Landesregelungen und der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ergibt sich, dass der Öffentlichkeit zugängliche Neu-, Um- und Erweiterungsbauten inklusiv zu errichten sind, soweit dies nicht nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden kann. Näheres ist den jeweiligen Landesgesetzen zu entnehmen.

 

Nach DIN 18041:2016 sind Klassenraum-Neubauten – in Anpassung an die UN-Behin­dertenrechtskonvention – generell inklusiv gemäß Raumgruppe A4 zu planen; lediglich für die Beurteilung bestehender Räume gilt noch RG A3.

Nach DIN 18041 ist der Sollwert der Nachhallzeit (Tsoll) bei mittleren Frequenzen in Abhängigkeit von der Nutzungsart und dem effektiven Raumvolumen zwischen 30 m³ und 5 000 m³ nach den Gleichungen 1 bis 5 zu bestimmen. Er gilt für den zu 80 % besetzten Zustand und ist im Frequenzbereich von 250 Hz bis 2000 Hz unter Berücksichtigung einer Toleranz von ± 20 % einzuhalten. Die Nachhallzeiten dürfen zu 125 Hz nochmals bis zu 20 % ansteigen oder abfallen und zu 4000 Hz bis zu 20 % abfallen.

In Tabelle 1 von DIN 18041 sind die Nutzungsarten von Räumen der Gruppen A1 bis A5 beschrieben und einige Beispiele aufgeführt, siehe auch Tabelle 5.0.1. Diese Beispiele (und weitere in Bildungsbauten häufige Raumarten mehr gemäß Kapitel 2) sind in der Tabelle 5.2 den Raumgruppen zugeordnet. Diese Zuordnung der ergänzten Räume erfolgte nach eigenem Ermessen, aber mit Erfahrung in der Akustik-Beratung seit 1977. Bis zur Fertigstellung der jetzigen DIN 18041 im Jahr 2016 waren offene Schullandschaften und Kompartments noch so unüblich, dass sie in der Norm noch nicht aufgeführt sind. Man muss aber davon ausgehen, dass mindestens die Anforderungen den RG A4 erfüllt werden müssen. Genauere Kenntnisse wird die Zukunft bringen…

Tabelle 5.2.2 Vorschläge für die Zuordnung von Räumen mit Anforderungen an die inklusive Sprachverständlichkeit zu Raumgruppen

Raumart

Raumgruppe

Gruppenräume in Kindertagesstätten

A4

Klassen- und Seminarräume

A4

Differenzierungsräume

A4

Fach-Klassenräume, NaWi, Kunst- und Werken, Lehrküchen

A4

Konferenzraum (Lehrerzimmer, Elternsprechzimmer)

A4

Musikunterrichtsräume

(A2) - A3

Aula und Bühne

A3

Hörsäle

A3

Hallen und Räume für Sport, Gymnastikräume, Einzelhallen

A5

Hallen und Räume für Sport, Mehrfachhallen

A5

Offene Schullandschaften, Kompartments

besser als A4

 

Musik-Aufführungsräume mit Einstufung in die RG A1 sind hier nicht aufgeführt. Sie kommen in Bildungsstätten extrem selten vor (außer z. B. in Hochschulen für Musik und darstellende Kunst) und bedürfen immer einer intensiven Beratung durch eine Fachfrau.

Abbildung 5.2.1 Bild 1 aus DIN 18041
Sollwerte TSoll der Nachhallzeiten
für
unterschiedliche Nutzungsarten A1 bis A5
© Akustikbüro Oldenburg

 

Die nach DIN 18041 einzuhaltenden Sollwerte der Nachhallzeiten nach Abbildung 5.2.1 werden im Kapitel 6.1 ff – jeweils bezogen auf die einzelnen Raumarten und die dort jeweils üblichen Raumgrößen – benannt.

Die Anforderungen nach der Normfassung von 2016 kommen nicht nur Personen mit Hörschäden zugute. Sie sind vielmehr auch hilfreich für die Kommunikation in einer Sprache, die nicht als Muttersprache gelernt wurde (fremdsprachlicher Unterricht, Kinder mit internationaler Herkunft, IV-Klassen) und bei der Kommunikation mit Personen, die auf andere Weise einen Bedarf nach erhöhter Sprachverständlichkeit haben. Hierzu zählen z. B. auch Personen mit Sprach- oder Sprachverarbeitungsstörungen (wie z. B. AVWS), Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen, AVWS, ADHS, Autismus-Spektrum-Störung (ASS)Leistungsbeeinträchtigungen, sowie Personen mit temporärem Hörverlust aufgrund von Erkältungskrankheiten. Im KiTa- und Grundschulbereich geht man im Jahresmittel von etwa 10 % erkälteter Kinder mit temporärem Hörverlust aus. Aus diesem Grunde sind bei Neubauten alle Räume für eine inklusive Nutzung auszustatten und nicht nur einzelne ausgewählte. Für Menschen mit Sehbehinderung ist – nach dem Zwei-Sinne-Prinzip – der Hörsinn der „Ersatz-Sinn“. Deshalb ist für sie ein einwandfreies Verstehen besonders notwendig.

Von Oberdörster und Tiesler (2006) wurde auf die extrem enge Korrelation (0,977) zwischen der Nachhallzeit T und dem Sprachübertragungsindex STI hingewiesen. Etliche eigene Messungen (farbige Markierungen) bestätigen diese Feststellung. Deshalb heißt es auch in Kapitel 4.2.3 aus DIN 18041, in Räumen zur Sprach-Information und -Kommunikation sollten im Zweifelsfall eher kürzere als längere Nachhallzeiten realisiert werden.

In diesem Sinne könnte zukünftig in DIN 18041 bei diesen Raumarten die untere Toleranzbereichsgrenze getrost entfallen.

Abbildung 5.2.2 Korrelation zwischen Nachhallzeit T und Sprachverständlichkeit
in Klassenräumen mit einem
Raumvolumen von etwa 200 m³:
Je kürzer die Nachhallzeit,
desto höher der STI
© Oberdörster und Tiesler

Mit farbigen Markierungen sind einige eigene Messergebnisse eingetragen.