5.9    Anforderungen an elektroakustische Notfall-Beschallungssysteme

Elektroakustische Notfall-Beschallungssysteme werden drei Kategorien zugeordnet:

·     Sprachalarmanlagen (SAA) nach DIN VDE 0833-4:2024-06 Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall: Festlegungen für Anlagen zur Sprachalarmierung im Brandfall in Kombination mit einer Brandmeldeanlage (BMA)

·     Notfallwarnsysteme (EANWS) nach DIN EN 50849 VDE 0828-1:2017-11 Elektroakustische Notfallwarnsysteme
für Notfall- bzw. Gefahrendurchsagen

·     Elektroakustische Notfallbeschallungsanlagen      
für jegliche Art von Gefahrendurchsagen ohne bauordnungsrechtliche Regelung

Für die Evakuierung im Brandfall gelten die Anforderungen nach DIN VDE 0833-4, sofern bauordnungsrechtlich die Installation einer explizit als Sprachalarmanlage bezeichneten Anlage vorgeschrieben wurde. Der Sprachübertragungsindex muss danach mit einem Mittelwert von mindestens STIØ ≥ 0,50 auf 90% der Grundfläche erreicht werden. Genaueres ist demnächst im Kapitel 7.12 beschrieben.

Für Amok-Alarmierungen werden Beschallungen unterschiedlichster Bauart verwendet; hierfür gibt es noch keine normativen Festlegungen. DIN VDE V 0827:2016-07 Notfall- und Gefahrenmeldesysteme befasst sich mit der Thematik, macht aber nur unscharfe Aussagen zur Sprachverständlichkeit. Der STI ≥ 0,50 taucht hinweisartig in einer Tabelle auf, aber ohne weitere Festlegung.

Etliche weitere Veröffentlichungen, die nach 2016 entstanden sind, weisen auf einen notwendigen STIerf ≥ 0,50 hin. Dieser Wert ist demnach als „allgemein anerkannte Regel der Technik“ anzusehen und deshalb auch bei solchen Notfall-Beschallungssystemen einzuhalten, für die es bisher noch keine bauordnungsrechtlichen Festlegungen gibt.

Weitere Hinweise zur Alarmierung gibt die Norm zum barrierefreien Bauen öffentlich zugänglicher Gebäude, DIN 18040-1 im Kapitel 4.4 (Warnen/Orientieren/Informieren/Leiten) wie folgt:

Informationen für die Gebäudenutzung, die warnen … sollen, müssen auch für Menschen mit sensorischen Einschränkungen geeignet sein. Die Vermittlung von wichtigen Informationen muss für mindestens zwei Sinne erfolgen (Zwei-Sinne-Prinzip).

Das Kapitel 4.4.3 enthält die Hinweise:

Akustische Informationen müssen auch für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen hörbar und verstehbar sein.

·     Der Abstand zwischen Nutzsignal S (Signal) und Störgeräusch N (Noise) sollte
S-N = 10 dB nicht unterschreiten. Die automatische Anpassung des Nutzsignals an wechselnde Störschallpegel ist anzustreben.

·     Akustische Informationen als Töne oder Tonfolgen müssen bei Alarm- und Warnsignalen eindeutig erkennbar und unterscheidbar sein.

Weiterhin sind auch die Anforderungen aus DIN 18040-1, Kapitel 4.7 (Alarmierung und Evakuierung) zu beachten:

In Brandschutzkonzepten sind die Belange von Menschen mit motorischen und sensorischen Einschränkungen zu berücksichtigen, beispielsweise

·     durch die Gewährleistung einer zusätzlichen visuellen Wahrnehmbarkeit akustischer Alarm- und Warnsignale vor allem in Räumen, in denen sich Menschen mit Hörschädigung allein aufhalten können, z. B. WC-Räume, Hotelzimmer;

ANMERKUNG Es wird empfohlen, in Rettungswegen mit vorgeschriebenen optischen Rettungszeichen (siehe DIN 4844-1) zusätzliche in Fluchtrichtung weisende akustische Systeme vorzusehen (vorzugsweise Sprachdurchsagen).

Was ist bei Räumen mit Notfall-Beschallungssystemen zu bedenken?  
Räume, in denen Lautsprecher für eine Sprachalarmierung eingebaut werden sollen, benötigen für die geforderte Sprachverständlichkeit mit STI ≥ 0,50 eine „raumakustische Mindestausstattung“ entsprechend ≥ RG B3, auch Flure und Treppenhäuser!

Hinweis:      
Im Brandfall ist das Gebäude so schnell wie möglich zu verlassen, aber      
bei Amok-Alarm ist ein Verbarrikadieren in geschlossenen Räumen notwendig.,        
Das Nicht-Verstehen einer Ansage kann in beiden Fällen tödliche Folgen haben.
Dann haften die Planerinnen / Entscheiderinnen!

 Siehe demnächst auch Kapitel 7.11.