6.1.9 Raum-Möblierung und Unterrichts-Organisation

Wie überall im Barrierefreien Planen und Bauen für Menschen mit sensorischen Beeinträchtigungen ist auch bei den verstehgerechten Klassenräumen das Zwei-Sinne-Prinzip zu verwirklichen. Dies bedeutet, dass die Aufnahme und Verarbeitung akustischer Informationen optisch unterstützt werden muss. Hierzu gehört nicht nur (wie für alle Schülerinnen) der freie Blick zur Tafel, sondern auch die freie Sicht zum Mund und dessen Erkennbarkeit, um auf diese Weise das Absehen vom Lehrerinnen-Mund zu unterstützen. Der Mund darf sich deshalb bei natürlicher Beleuchtung nicht im Gegenlicht befinden. Der Sitzplatz des hörgeschädigten Kindes muss also so angeordnet sein, dass die Fenster seitlich oder im Rücken liegen. Auch bei Beleuchtung mit Kunstlicht während der dunklen Jahreszeit muss der Mund hell genug erkennbar sein.

Für die optimale sprachliche Kommunikation im Unterrichtsgespräch sind nicht nur die Hör- und Blickbeziehungen zwischen Lehrerin und der Schülerin wichtig, sondern in gleicher Weise auch die Hör- und Sichtbeziehungen zu den Mitschülerinnen. Hieraus resultiert ein Vorschlag von Löwe für die Anordnung der Sitzplätze, wie er in Abbildung 6.16 oben links dargestellt ist. Wenn man – ausgehend von einer U-förmigen Anordnung der Tische um das Lehrerpult herum – auf der Fensterseite jeden Tisch um 30...40° dreht, so kann ein in Pultnähe sitzendes Kind beim Blick nach hinten auch die Münder der auf dieser Seite sitzenden Mitschülerinnen erkennen. Dies wäre bei einer echten U-förmigen Aufstellung (unten links) nicht der Fall. Bei einer einseitigen Schwerhörigkeit kann das Kind ggfs. eine andere Sitzplatzanordnung bevorzugen. Das ist dann individuell abzustimmen.

Die „zweitbeste“ Anordnung des Gestühls ist die oben rechts gezeigte. Auch hier ist ein Blick zu den Mitschülerinnen möglich, aber nicht immer ein freier. Hilfreich ist in beiden Fällen für diese Schülerin ein Drehstuhl.

Wenn Kinder mit Hörschädigung über eine persönliche Funk-Übertragungsanlage verfügen, so muss diese im Unterricht unbedingt auch verwendet werden (einschließlich eventuell vorhandener zusätzlicher Handmikrofone). Nur das, was direkt in diese Mikrofone gesprochen wird, kommt mit guter Klarheit in den Hörsystemen an. Persönliche Befindlichkeiten (Wie sehe ich denn damit aus?) müssen zugunsten des den Kindern geschuldeten Lernerfolges zurückstehen. Solche Übertragungsanlagen werden nicht ohne Grund von der Krankenkasse finanziert.

 

Abbildung 6.19:    

Bestuhlungsvarianten für Klassenräume nach Löwe:

 

oben links:       im allgemeinen günstigster Sitzplatz

oben rechts:     möglich, wenn die Lehrerin die konventionelle Sitzordnung bevorzugt oder beibehalten muss

unten links:       ungünstig, da die hörgeschädigte Schülerin bei ihren in der Fensterreihe sitzenden Mitschülerinnen nicht absehen kann

unten rechts:    schlechteste Lösung, da die hörgeschädigte Schülerin nur bei der Lehrerin aber nicht bei den Mitschülerinnen absehen kann

 

 

Stand 2025-02-01