6.2.4   Speiseraum / Mensa, RG B5

Bitte lesen Sie zunächst auch die allgemein gültigen Hinweise im Kapitel 6.2.

Mensen gehören - neben Sporthallen, Eingangshallen, Treppenhäusern und Fluren - zu den regelmäßig wegen zu lauter Geräusche beanstandeten Räumen. Das Kommunikationsbedürfnis der Nutzerinnen und auch die Kommunikationsmöglichkeiten sind in der Mensa deutlich höher als in Unterricht oder Vorlesung. Für das Miteinander der Nutzerinnen ist ein gemeinsames Speisen weit hilfreicher als nur eine Nahrungsaufnahme. Hinzu kommt, dass in lauten Räumen bestimmte Personen, (z. B.) mit Autismus-Spektrum-Störungen, praktisch vom Essen ausgeschlossen sind.

Zu den Schallpegeln in Mensen läuft derzeit eine umfangreiche Daten-Erhebung mit bisher (Stand Februar 2025) 39 KiTas, Schulen und OGS-Bereichen. Daraus stammen die folgenden Daten, für die eine spätere eigenständige Veröffentlichung vorgesehen ist. 15 der untersuchten Räume haben nur Volumina zwischen 100 und 400 m³, aber 11 Räume umfassen auch mehr als 1000 m³. Extremer Einzelfall ist eine Mensa mit über 2900 m³.

Bei diesen Messungen kam ganz eindeutig heraus:

NIE hat sich in Mensen jemand über
zu leise Geräusche oder
zu kurze Nachhallzeiten
beschwert!

Abbildung 6.2.4.1 Häufigkeitsverteilung der Volumina von 39 Mensen bei einer Klassen-Stufung von jeweils 100 m³ mit dem Mittelwert Vm = 780 m³.

Ähnlich stark streuen auch die in diesen Mensen gemessenen Nachhallzeiten. Hier liegen 43 Messungen vor, weil in bisher vier Räumen sowohl vor als auch nach einer (durch die Messungen veranlassten) Sanierung untersucht wurden. Sie sind im folgenden Diagramm als Mittelwerte über die vier Oktaven von 250 Hz bis 2000 Hz aufgeführt.

Abbildung 6.2.4.2 Häufigkeitsverteilung der Nachhallzeiten von 43 Messungen in Mensen bei einer Klassen-Stufung von jeweils 0,05 s mit dem Mittelwert Tm = 0,89 s.

Obwohl beide Häufigkeitsverteilungen ähnlich „schief“ aussehen und auch jeweils einen „Ausreißer“ aufweisen, besteht bei weitem nicht der Zusammenhang, dass die kleinsten Mensen die kürzesten Nachhallzeiten haben und die größten entsprechend die längsten. Ganz im Gegenteil, denn die kürzeste Nachhallzeit stammt aus einer Mensa mit etwa 350 m³ und die mit der längsten Nachhallzeit ist gerade einmal doppelt so groß. Die zehn längsten und die zehn kürzesten Nachhallzeiten der bisher untersuchten Räume sind in den beiden folgenden Diagrammen im gleichen Maßstab dargestellt.

Abbildung 6.2.4.3 zehn längste (links) und zehn kürzeste (rechts) Nachhallzeiten aus 43 Messungen in Mensen

Auch aufgeteilt nach den unterschiedlichen Volumina der Mensen wurden entsprechende Darstellungen angefertigt. Wegen der größeren Häufigkeiten sind hier nur die Raumgrößen von 500 bis 999 m³ und von 1000 bis 1999 m³ ausgewählt.

Abbildung 6.2.4.4 Nachhallzeiten aus Mensen mit 500…999 m² (links)

                                             sowie mit 1000…1999 m³ (rechts)

Alle vier Abbildungen zeigen also in der Summe, dass man durchaus kleine Mensen akustisch schlecht und große Mensen gut planen kann. Dabei sind die akustisch guten Mensen keine "Zufallstreffer", sondern lediglich das Ergebnis einer sachgerechten Planung. Die dann notwendigen Maßnahmen sind weitaus kostengünstiger, als eine spätere (dann vielfach auch gestalterisch unbefriedigende) Nachbesserung.

Um den Planerinnen „Mut zu machen“ sind im folgenden Diagramm für die bisher
vier bei der Sanierung betreuten Mensen auch die Vorher-Nachher-Werte dargestellt.

Abbildung 6.2.4.5 Nachhallzeiten aus Mensen vor und nach der Sanierung

Das oberste schwarze Kurvenpaar gehört zur größten bisher gemessenen Mensa mit einem Volumen über 2900 m³. Alle Räume erfüllen jetzt die jeweils zugehörigen Anforderungen nach der Raumgruppe B5. In keinem der Fälle wurden bei den Nachbesserungen Änderungen an den Decken vorgenommen, sondern in allen Fällen ausschließlich Ergänzungen mit Wandpaneelen.

Daraus folgt (mal wieder):

großflächige Absorber an der Decke sind  für die vertikale Schalldämpfung nötig,
aber auch (nicht ganz so große) für die horizontale Schalldämpfung an den Wänden.

·     Bei Mensen mit kleinen Grundflächen ist der prozentuale Anteil der Wandflächen höher als bei 
   großen Grundflächen. Entsprechend kommt dann auch der Schallabsorption an den Wänden
   eine (noch) größere Bedeutung zu.

·     Bei Mensen mit geringer Höhe ist die Anforderung an das einzuhaltende A/V-Verhältnis schärfer.
   Dann wird bei gleichem Volumen insgesamt mehr Schallabsorptionsfläche benötigt.

Beides sind Gründe dafür, für die Schallabsorption - und damit für die Lärmminderung - in Mensen große Flächen mit höchstabsorbierenden Materialien (αw ≥ 0,85) zu belegen. Weiterhin ist bei Bau und Ausstattung auf eine möglichst geringe Geräuschentwicklung bei der späteren Nutzung zu achten. Hier spielt einerseits der Bodenbelag eine maßgebliche Rolle (siehe Kapitel 7.6), andererseits sind aber auch bei Tischen und Stühlen, bei Besteckbehältern und Geschirrwagen Maßnahmen sinnvoll und möglich (siehe Kapitel 7.15).

Beobachtungen aus den Messungen im Hinblick auf baulich-technische Maßnahmen:

·     Holz-Stühle sind leiser als Stahl-Stühle.

·     Stühle/Hocker mit Kufen sind leiser als mit vier Beinen 
   sie „rubbeln“ weniger auf dem Boden.

·     Stühle mit Griffloch in der Lehne lassen sich besser hantieren als ohne.

·     Wenn das Griffloch kurz über der Sitzfläche ist, klemmt die Lehne unter dem Arm;
   der Stuhl ist damit leichter einhändig zu positionieren.

·     Eine Aufstellung der Tische mit vier bis maximal sechs Plätzen führt zu einem leiseren Verhalten
   der dort sitzenden Personen als an längeren Tischreihen
   (das gilt auch für erwachsene Personen).

Abbildung 6.2.4.6: Kleinere Tische schaffen leisere Situationen

·     Das Klappern von Geschirr und Besteck ist deutlich geringer, wenn die Tischoberflächen nicht
   aus hartem Holz oder Kunststoff bestehen, sondern aus Tisch-Linoleum oder wenn sie mit
   Wachstuch / dicker PE-Folie abgedeckt werden. Letzteres wurde in etlichen Sanierungsfällen
   mit Erfolg angewendet und von den Nutzern positiv bewertet.

·     Wenn man die Edelstahl-Behälter für die Besteck-Rückgabe mit Spülwasser füllt, fällt das
   Besteck nicht hinein, sondern es gleitet.

·     Die Türen der Küche und der Spülküche stehen während der Essenszeiten offen, um Speisen
   nachzufüllen und Wagen mit Geschirr in die Spülküche zu bringen. Die Rollläden der Ausgaben 
   stehen auch dann offen, wenn gar keine Ausgabe erfolgt. Dadurch gelangen die Geräusche aus
   der Küche - und insbesondere aus der Spülküche (!) - in die Mensa. Die Spülküche ist
   regelmäßig der lauteste Raum im gesamten Mensa-Bereich. Darauf wird im Kapitel 6.2.5
   genauer eingegangen. Pegelminderungen, die dort (auch im Sinne der Arbeitsplatz-Ergonomie)
   erreicht werden können, wirken sich sofort auch auf die Mensa aus.

Abbildung 6.2.4.7: Offene Türen und Ausgaben bewirken Schallabstrahlungen aus der Küche und Spülküche

Beobachtungen aus den Messungen im Hinblick auf Organisation der Abläufe:

·     Relativ laut ist es zu Beginn einer Essensphase, wenn sich vor der Ausgabe ein Stau bildet.

·     Deshalb ist „Free Flow“ leiser als „organisiertes Antreten“.

·     Wenn mit günstiger Aufstellung der Bain-Marie-Behälter eine guter Zugang zu den Speisen
   vorhanden ist und wenn eine günstige Reihenfolge von Geschirr nehmen - Essen auffüllen -
   Besteck nehmen besteht, bildet sich fast kein Stau und der Ablauf wird ruhiger.

Was ist bei Mensen und Speiseräumen zu tun?
- höchstgradig schallabsorbierende Deckenbekleidung
- die Decke vollflächig damit belegen
- schallabsorbierende Wandpaneele sind MUSS
- sowohl an Längs- als auch an Querwänden anbringen
- oberhalb der Tischhöhe damit beginnen
-
Bodenbelag mit geringem „Gehschall“ wählen
à siehe Kapitel 7.6
- Maßnahmen zur „aktiven Lärmminderung“ bedenken
à
siehe Kapitel 7.15

 

Wenn Sie einzelne Kapitel als PDF-Datei zum Ausdrucken zugesandt erhalten möchten,
dann schreiben Sie mir bitte eine E-Mail.

Stand 2025-03-04