7.17 Exkurs: Strömungswiderstand der Absorber
Viele Deckensysteme benötigen für eine gute Schallabsorption nicht nur das rückseitig aufgeklebte Rieselschutz-Vlies, sondern auch eine zusätzliche Auflage von Faser-Absorbern. Dann ist natürlich deren längenbezogener Strömungswiderstand eine maßgebliche Größe für die Wirkung. Bei vielen Plattentypen aus Mineralwolle (Glaswolle, Steinwolle) ist dieser Wert aber in den Datenblättern nicht zu finden, sobald man auf kostengünstige Platten ausweichen möchte.
Der physikalische Zusammenhang ist einfach: je fester die Platten bei der Herstellung gepresst werden, desto enger liegen die Fasern aneinander und desto höher ist der Widerstand gegen hindurchströmende Luft. Je fester die Fasern gepresst werden, desto höher ist auch die Rohdichte der Platte (in kg/m³). Dieser Wert ist in vielen Datenblättern aufgeführt, weil er für die Nachweise der Feuerwiderstandsdauer benötigt wird. Je schwerer das Material ist, desto mehr Wärme kann es speichern und damit die Feuerwiderstandsdauer verlängern.
Im Prinzip könnte man also auch eine bestimmte Rohdichte der Mineralwolle fordern und hätte damit dann auch den notwendigen längenbezogenen Strömungswiderstand. Dabei gibt es aber einen „Hinkefuß“! Das Glas der Glaswolle ist leichter als der Basalt der Steinwolle (2,5 kg/dm³ gegenüber ca. 3,0 kg/dm³) und Glasfasern sind dünner als Steinfasern. Damit sind bei Platten gleicher Rohdichte auch die Zwischenräume zwischen den Glasfasern enger als zwischen den Steinfasern. Und deshalb ist der Strömungswiderstand der Glasfaserplatten höher. Eine Angabe der Rohdichte innerhalb einer Materialgruppe ist ein Hinweis, aber nicht beim Vergleich zwischen verschiedenen Gruppen.
Dennoch gibt es durchaus eine Hilfe für die kostengünstige Auswahl von Deckenauflagen aus Faser-Absorbern, soweit es sich um Glas- oder Steinwolle handelt. Über andere Produkte sind beim Autor zu wenig Kenntnisse für eine Einschätzung vorhanden. Die Faser-Absorber müssen einen längenbezogenen Strömungswiderstand von mindestens 5 kPa s/m² aufweisen. Das erreichen praktisch alle Mineralwolle-Produkte, die als Platten (und nicht als gerollte Bahnen) gehandelt werden. Die Platten müssen nicht unbedingt zu einer bestimmten Rohdichte gepresst sein. Man kann also durchaus kostengünstige Platten verwenden und sollte lieber einen oder zwei Zentimeter mehr an Dicke „spendieren“.
Hinweis für Praktikerinnen:
Für den Einbau in Montagewände gibt es durchaus auch gerollte Bahnen mit einem passenden Strömungswiderstand. Die lassen sich als Deckenauflage aber nicht gut verarbeiten, sondern sind dafür zu
unhandlich. Was dort an Materialkosten eingespart werden könnte, würde bei der Arbeitszeit wieder ausgegeben.
Hinweis für Mathematikerinnen:
Für das Abbremsen der bewegten Luftpartikel ist eigentlich der für eine bestimmte Material-Dicke spezifische Strömungswiderstand maßgeblich und nicht der längenbezogene Wert. (Vergleich: wenn man
im Auto nur schwach auf die Bremse tritt, dann ist der Bremsweg lang, tritt man aber kräftig drauf, dann ist er kurz.) Die meisten Strömungsabsorber haben in der Strömungsrichtung „Längen“ (also
Materialdicken) zwischen 30 mm und 100 mm. Das ist relativ ähnlich; somit ist die Vorgabe einer Spannweite des längenbezogenen Widerstandes zwischen 5 und 50 kPa s/m² für
diese Materialien „genau genug“. Die hauchdünnen Vliese, welche auf die Rückseiten gelochter Abdeckungen kaschiert werden, haben zwar etwa den gleichen spezifischen Strömungswiderstand, der
längenbezogene Wert ist aber deutlich höher. Sinnbildlich haben sie also „Scheibenbremsen“ statt der „Klotzbremsen“ bei den dickeren Platten.
Abbildung 7.17.1:
Seitenansichten
einer hochverdichteten Mineralwolleplatte
in einem Wandpaneel (oben links)
und von sehr leichtem Schaumstoff
aus Melaminharz (oben rechts),
bei dem Schaumstoff
erkennt man das Gefüge
erst in einer REM-Aufnahme (rechts)
Der spezifische Strömungswiderstand ist das Produkt aus dem Materialkennwert „längenbezogener Strömungswiderstand“ R und der jeweiligen Materialdicke d. Für eine gute Schallabsorption sollte R*d bei der zweifachen Kennimpedanz der Luft (ca. 410 Pa*s/m) liegen, also bei etwa 820 Pa*s/m.
Bei einem Verarbeiter von PET-Filzen waren tatsächlich einmal viele Angaben zu finden, teilweise im Prospekt, teilweise
aber auch erst in der Preisliste. Daraus ergibt sich diese Übersicht:
d |
m |
ρ |
längenbezogen |
spezifisch |
12 |
2,0 |
167 |
71 |
852 |
25 |
3,0 |
120 |
43 |
1075 |
40 |
4,0 |
100 |
33 |
1320 |
Beim Nachrechnen bitte aufpassen bei mm / m und bei kPa / Pa!
Hier kann man mehrere Dinge erkennen:
·
Bei den dickeren Platten müssen die Fasern nicht so stark
komprimiert werden; die Platten sind
trotzdem „stabil genug“.
·
Mit der geringeren Kompression bei den dickeren Platten, den größeren Hohlräumen und der
damit geringeren Reibung nimmt der längenbezogene Strömungswiderstand ab.
·
Durch den längeren „Bremsweg“ (von 12 mm über 25 mm bis 40 mm)
ist der spezifische
Strömungswiderstand des Materials trotzdem höher.
Abbildung 7.17.2:
An den zur Verfügung gestellten Material-Mustern (vielen Dank) kann man nicht nur die unterschiedlichen längenbezogenen Strömungswiderstände „fühlen“,
man kann sie auch beim Blick von der Seite anhand der unterschiedlich stark gepressten Fasern gut erkennen.
Die 12-mm-Platte ist deutlich stärker gepresst als die 40-mm-Platte, wie es auch gut in der obigen Tabelle an den unterschiedlichen Rohdichten ρ ablesbar ist.
Hinweis für
"Besserwisserinnen", (die es noch besser wissen wollen):
Wenn die gelochten Absorber einen Lochanteil von günstigerweise etwa 20% haben, dann muss sich die bewegte Luft fünfmal so schnell durch die Löcher „quetschen“. Wegen der hohen Geschwindigkeit
ist die Schallabsorption schon ohne zusätzlich aufgelegten Absorber recht gut. In diesem Fall ist es bei der (akustisch gewollten) Reibung und der hohen Geschwindigkeit schon erstaunlich, dass die Vliese nicht rotglühend
heiß werden. 😉
Der Effekt funktioniert aber nur, wenn das Vlies mit Sprühkleber vollflächig aufgeklebt wurde. Bei geschlitzten Bekleidungen, z. B. aus Stück für Stück montierten Paneelbrettern, wird ein ähnliches Vlies als „Rieselschutz“ eingebaut / gespannt. Weil das nicht fest verklebt ist, verteilt sich die Luftbewegung wieder über die ganze Fläche und wird entsprechend langsamer. Dadurch hat das Vlies fast keine Absorptions-, sondern nur die Rieselschutz-Wirkung. Deshalb kann man auf den Strömungsabsorber dahinter / darüber in solchen Fällen nicht verzichten.
Hinweis für die Sicherheits-Fanatikerinnen:
Zwischen unkaschierten Mineralwolle- oder Holzfaserplatten und dem Raum ist bei perforierten Abdeckungen ein „Staub- und Rieselschutz“ anzuordnen, entweder eine 30µ PE-Folie (etwa so dünn wie „Frischhalte-Folie") oder ein
Rieselschutz-Vlies.
Was ist bei der Auswahl von Absorber-Auflagen/-Hinterfüllungen zu bedenken?
- Faser-Absorber
müssen einen längenbezogenen Strömungswiderstand |
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