7.8         Belüftung

Bitte lesen Sie hierzu auch das Kapitel 4.4

Übersicht der Unter-Abschnitte:

·     Normative Regelungen

·     Klassenräume, Seminarräume und Hörsäle, mechanische Belüftung

·     Klassenräume, dezentrale Luftfilter-Anlagen

·     Klassenräume, Belüftung mit geöffneten Fenstern

·     Fach-Klassenräume NaWi, mechanische Belüftung

·     Fach-Klassenräume Lehrküche, mechanische Belüftung

·     Aula, mechanische Belüftung

·     Sport- und Pausenhallen, mechanische Belüftung

·     Schwimmhallen, mechanische Belüftung

·     Speiseraum / Mensa, mechanische Belüftung

·     Küchen und Spülküchen, mechanische Belüftung

Normative Regelungen

Für die Fachplanerinnen der Gebäudetechnik sind die folgenden Hinweise auf die VDI-Richtlinien „kalter Kaffee“. Für alle anderen an der Entstehung von Gebäuden Beteiligten, von den Bauherrinnen über die „anderen“ Planerinnen bis zu den Nutzerinnen ist es aber nützlich und sinnvoll zu wissen, welche Regelwerke in akustischer Hinsicht zu beachten sind. Hier steht nur eine Auswahl, mit der ich als Akustiker immer mal zu tun hatte. Für besondere Räume gibt es auch noch besondere Regelungen…

VDI 2081 Blatt 1 Raumlufttechnik - Geräuscherzeugung und Lärmminderung     
Die Richtlinie behandelt die bei der Errichtung von raumlufttechnischen Anlagen zur Lüftung oder Klimatisierung von Aufenthalts- und Arbeitsräumen notwendigen schallschutztechnischen Anforderungen und die zu treffenden Maßnahmen. Auch ein Näherungsverfahren zur Berechnung der Schalldruckpegel im Raum ist enthalten.

VDI 6040 Blatt 1 - Raumlufttechnik - Schulen - Anforderungen          
Diese Richtlinie dient als Hilfestellung für Architekten und Planer. Sie legt Anforderungen an die Innenraumkonditionen in Unterrichts- und Aufenthaltsräumen in allgemein- und berufsbildenden Schulen fest, in denen Schüler regelmäßig unterrichtet werden. Die Anforderungen umfassen operative Temperatur, Feuchte und stoffliche Zusammensetzung der Raumluft.

VDI 6040 Blatt 2 - Raumlufttechnik - Schulen - Ausführungshinweise       
Bei der Sanierung von Schulen werden häufig nur energetische Aspekte berücksichtigt, die dazu führen, dass sich die Raumluftqualität in Schulen verschlechtert. Die Richtlinie soll dabei helfen, die Raumluftqualität in Schulen zu verbessern. Sie gibt mit konkreten Anforderungen und Ausführungshinweisen eine Hilfestellung für Architekten und Planer mit dem Ziel, die in VDI 6040 Blatt 1 genannten Anforderungen einzuhalten. Dabei werden sowohl Hinweise zur freien Lüftung als auch zur maschinellen Lüftung gegeben. Das sind aber lediglich Beispiele, welche die Planer und Betreiber nicht von der Verantwortung entbinden, eine optimale Lösung für den speziellen Fall zu erarbeiten.

Alle Räume in Bildungsbauten sind auch Arbeitsstätten für die Lehrenden und für das weitere Personal. Deshalb ist auch die ASR A3.6 Lüftung zu beachten.

Klassenräume, Seminarräume und Hörsäle, mechanische Belüftung

Anforderung nach DIN 4109-1, Tabelle 9:                                                                  LAF,max,n ≤ 35 dB
Anforderung nach DIN 18041, Kapitel B.3:                                                                 LNA,Bau
   ≤ 35 dB

Seminarräume und Hörsäle liegen bisweilen im Inneren großer Gebäudekomplexe, sind also ohne Fenster und benötigen zwingend eine mechanische Belüftung. Bei Schulgebäuden ist bisweilen die Außenlärmsituation der Anlass, eine mechanische Belüftung zu installieren.

In diesen Fällen werden die Lüftungsanlagen typischerweise in „Technikzentralen“, häufig auf dem Dach, bisweilen auch im Untergeschoss, z. B. unter dem ansteigenden Hörsaal-Gestühl aufgestellt. Sowohl für den baulichen Schallschutz gegen Luftschall- und Körperschallübertragungen als auch für den maschinellen Schallschutz in Bezug auf die Schall-Ausbreitung und -Dämpfung im Kanalsystem ist die Beteiligung einer Akustik-Fachingenieurin sinnvoll.

Besondere Beachtung verdient der Schutz gegen tieffrequente Geräuschanteile („Grummeln“ der Lüftung). Sie können einerseits durch eine nicht sachgerechte Körperschall-Entkoppelung und andererseits durch eine ungünstige Schalldämpfer-Auslegung auftreten. Schließlich kommen sie in seltenen Fällen auch durch eine ungünstige Kanalführung vor, die dann meist durch sehr beengte Platzverhältnisse an Bauteil-Durchführungen begründet sind.

Bei frühzeitiger Berücksichtigung der schalltechnischen Belange bedeutet es bei mechanischen Raum-Belüftungen keine Schwierigkeit, an den Plätzen, die den Lüftungsöffnungen am nächsten benachbart sind, den geforderten Schalldruckpegel von LAF ≤ 35 dB einzuhalten.

Hinweis für die Fachplanerinnen: Bei üblichen Klassenräumen mit einem Volumen von etwa 200 m³ wird dieser Schalldruckpegel unter Berücksichtigung von Nachhallzeit und Abstand üblicherweise eingehalten, wenn der in den Raum eingestrahlte Gesamt-Schallleistungspegel nicht höher ist als Lw = 40 dB(A).

Klassenräume, dezentrale Luftfilter-Anlagen

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde die Belüftung von Bildungsbauten (und natürlich auch anderen Räumen) ein in der Öffentlichkeit breit diskutiertes Thema. Die Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung gab 2020 diesen Flyer heraus:

Abbildung 7.8.1: Flyer der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung zum Lüften von Klassenräumen (2020)

Dieser Flyer zeigte kaum Wirkung. Auf die Forderungen besorgter Eltern und der Lehrerinnen-Vertretungen musste reagiert werden. Für viele Hersteller von haustechnischen Anlagen, von den Herstellern der Geräte für große Lüftungszentralen bis zu Lüftern für die Baustellen-Beheizung und auch Hersteller von Haushaltsgeräten war die Pandemie der Auslöser, ganz auf die Schnelle und ohne großes Überlegen dezentrale Luftfilteranlagen für die Aufstellung in einzelnen Räumen zu entwickeln.

In den Ländern wurden zahlreiche Geräte beschafft und durch den Bund mit über 600.000.000 € bezuschusst. Das war etwa die Hälfte der Gesamtinvestition. In Hamburg wurden etwa 12.000 Klassenräume ausgestattet. Auf diese Weise sollte der Schulunterricht möglichst schnell wieder beginnen dürfen, ohne die Kinder einer erhöhten Ansteckungsgefahr auszusetzen. An der Sache gab es aber mehrere Haken:

·     Die Geräte kosteten Stellfläche in den Räumen.

·     Deshalb wurden sie in Ecken und Winkeln aufgestellt, teilweise zwischen Schränken.

·     Das behinderte die Wurfweite auf der Ausblasseite und die Ansaugung.

·     Deshalb war der Luft-Reinigungs-Effekt gering.

·     Die Filter sind lediglich für Corona-Viren konzipiert; CO2 und Wasserdampf
   werden nicht ausgeschieden.

·     Wenn die kurzen Anschlusskabel verlängert wurden, entstanden Stolpergefahren.

·     UND: Die Geräte aller Hersteller waren (teilweise deutlich) zu laut für den Unterricht!

Eine kurze Beschreibung zu den damals ausgeführten Messungen finden Sie im Kapitel 5.7 zur Sprachverständlichkeit. Ausführliche Beschreibungen bei Ruhe C (2022a) und Ruhe C (2022b). Inzwischen ist das alles „Schnee von gestern“, die Geräte sind aus den Räumen entfernt und wurden verschrottet bzw. stehen noch „auf Halde“.

Inzwischen weiß man, dass Stoßlüftung mit weit geöffneten Fenstern weitaus besser wirkt. Hoffentlich bleibt dieses Wissen bis zur nächsten Pandemie erhalten…

Klassenräume, Belüftung mit geöffneten Fenstern

Ich bitte herzlich um Entschuldigung dafür, dass der folgende Abschnitt nicht nur überproportional lang ist, sondern dass hier - bei der geräuschlosen Fensterlüftung - ein nicht-akustisches Thema so stark „ausgewalzt“ wird. Aber nach meinen unguten Erfahrungen zu Schallpegeln und Luftqualität mit den „dezentralen Raumluft-Filteranlagen“ zu Corona-Zeiten hat sich etwas festgesetzt, das ich ebenfalls weitergeben möchte.

Nach der Arbeitsstätten-Verordnung muss die Luft am Arbeitsplatz Schule gesundheitsverträglich sein. Einen Grenzwert dafür, ab wann diese Forderung erfüllt ist, gibt es bisher nicht. Die zuständige Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Landesgesundheitsbehörden und des Bundes hat deshalb Beurteilungsmaßstäbe festgelegt. Als Indikator für die Luftqualität in Schulräumen dient dabei das Kohlendioxid (CO2).

Max von Pettenkofer empfahl bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine CO-Konzentration unter 1.000 ppm (0,1%). Lange Zeit galt diese „Pettenkoferzahl“ als Indikator und Grenzwert für gute Raumluftqualität. Noch heute dient sie als wichtige Zielgröße, denn ab dieser Menge können bereits Merkmale von Unwohlsein, wie Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit auftreten.

DIN ISO 16000-41:2024-08 Innenraumluftverunreinigungen nimmt im Teil 41 eine Bewertung und Klassifizierung der Innenraumluft vor. Aus der "Richtlinie zur Bewertung der Innenraumluft – Kohlenstoffdioxid als Lüftungsparameter" vom BMK in Wien stammt die folgende Übersicht.

Tabelle 7.8.1: Richtwerte und Ziele für die Raumluftqualität, Konzentrationsangaben der CO-Konzentration in Anlehnung an ISO 16000-41

Aktuelle Untersuchungen in Deutschland zum Kohlendioxidgehalt in der Luft von Klassenräumen weisen übereinstimmend auf erhebliche Lüftungsmängel hin. Häufig fehlt ein ausreichendes Verständnis für die Notwendigkeit zu Lüften. Organisatorische Änderungen in der Schule, wie zum Beispiel die Einführung von Doppelstunden oder steigende Klassenbelegung, können diese Problematik verstärken.

Die Erkenntnisse zur hervorragenden Wirkung der Stoßlüftung mit weit geöffneten Fenstern sind uralt. Tiesler et al. vom Bremer ISF haben 2008 (also schon 12 Jahre vor der Corona-Pandemie die richtige Vorgehensweise zum Lüften von Räumen und die Forschungsergebnisse nicht nur als Bericht, sondern auch als Flyer (ISF 2008) veröffentlicht. Sie schreiben, dass sie die ersten Hinweise bei Burgerstein (1902) im „Handbuch der Schulhygiene“ entdeckt haben. Der Forschungsbericht selbst ist z. B. bei der Unfallkasse Niedersachsen nachzulesen (Frische Luft für frisches Denken). Die dort beschriebenen Erkenntnisse waren aber 2020 vergessen, als sie eigentlich ganz dringend benötigt wurden. Selbst die ASR A3.6 Lüftung von 2018 wurde nicht beachtet.

Etwa parallel mit der Veröffentlichung bei Ruhe C (2022a) hat die Hamburger Schulbehörde das folgende Schaubild veröffentlicht:

Abbildung 7.8.2: Schaubild der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung zum Lüften von Klassenräumen (2022). Für die geringe Qualität dieses damaligen Bildschirmfotos bitte ich um Entschuldigung.

Damit die Stoßlüftung innerhalb von zwei bis maximal fünf Minuten auch wirklich funktioniert, müssen die Fenster „sperrangelweit“ geöffnet werden können. Für die vorgegebenen Stoßlüftungen zur CO2-Abfuhr im Abstand von jeweils etwa 20 Minuten mit einer Lüftungsdauer von 2 Minuten enthält die Tabelle 3 der ASR A3.6 hilfreiche Angaben:

Tabelle 7.8.2: Tabelle 3 aus ASR A3.6:

Nach Tabelle 3 der ASR A3.6 ist bei einseitiger Lüftung, wie sie bei Unterrichtsräumen der übliche Fall ist, für einen 3,0 m hohen Klassenraum bei einer Raumtiefe bis 7,5 m (= Klassenraum-Breite) eine Öffnungsfläche der Fenster von 1,05 m²/10 m² Grundfläche erforderlich. Bei Grundflächen von Klassenräumen um 65 m² muss dann die Fläche für Frisch- und Fortluft gemeinsam 6,8 m² betragen. Bei drei Fenstern in der Außenwand sind das also 2,3 m² je Fenster, bei vier Fenstern 1,7 m² je Fenster.

 

Auswahl von CO2-Sensoren:

CO2-Sensoren sind mit Leuchten in den Ampelfarben und akustischem Signal erhältlich, aber auch mit digitaler Anzeige oder ganz ohne Anzeige nur mit Signalton. Welche Art gewählt wird, sollte mit den Nutzerinnen abgestimmt werden. Die Beobachtung der Anzeige kann vom Unterricht ablenken, sie kann aber auch als Anleitung für die Kinder genutzt werden, welche diese dann in die Familien mitnehmen. Das hängt ganz vom pädagogischen Konzept ab.

Bei Sensoren mit Anzeige ist eine feste Wandmontage „recht weit oben“ sinnvoll. Dazu sollten zur Betriebssicherheit Geräte mit festem Netzanschluss gewählt werden und nicht etwa mit separatem Netzteil.

Anbringung von CO2-Sensoren:

CO2 ist als Bestandteil der normalen Luft überall gleichmäßig vorhanden. Es ist zwar etwas schwerer als das Luft-Gasgemisch und würde also langsam absinken. Bereits die Wärme-Abstrahlung des menschlichen Körpers verleiht der Luft „Auftrieb“, aber auch Bewegungen und das normale Atmen verteilen das CO2 im Raum. Der Anbringungsort für CO2-Sensoren ist also recht frei wählbar. Häufig nimmt man die Höhe wie für Thermostaten an der Wand. In Schulen wäre „oberhalb der Handreichweite“ wohl besser. Auch unter der Decke ist also möglich. Dort kann er auch nicht versehentlich abgedeckt werden. Eine Anbringung in der Nähe der inneren Längswand schafft mehr Sicherheit als in Fensternähe, insbesondere, falls dort die Oberlichter „auf Kipp“ stehen.

 

Fach-Klassenräume NaWi, mechanische Belüftung

 

Fach-Klassenräume Lehrküche, mechanische Belüftung

 

Aula, mechanische Belüftung

 

Sport- und Pausenhallen, mechanische Belüftung

 

Schwimmhallen, mechanische Belüftung

 

Speiseraum / Mensa, mechanische Belüftung

 

Küchen und Spülküchen, mechanische Belüftung

 

Stand 2025-03-14