9.3.14    Sanierung mit Teppich statt mit Decke und Wandpaneel

In einem Klassenraum der ca. 10 Jahre alten Schule war ein einzelner Klassenraum für die wohnortnahe Beschulung eines Kindes mit Hörschädigung nachzurüsten. Alle Räume sind mit Decken aus Holzwolleplatten auf Schalbrettern und mit Linoleum-Fußböden ausgestattet. Eine Übersicht des Raumes gibt die Abbildung 9.3.14.1, eine Schrägansicht der Decke und ein Decken-Randdetail sind der Abbildung 9.3.14.2 zu entnehmen. Die nach diesen Nachhallzeitmessungen geäußerte Vermutung, dass sich zwischen den Schalbrettern keine Mineralwolle-Hinterlegung befinde, wurde von der Hausmeisterin bestätigt.

Abbildung 9.3.14.1: Klassenraum mit Decke aus Holzwolleplatten und Linoleum-Fußbodenbelag

 

Abbildung 9.3.14.2: Ansicht der Decke aus Holzwolleplatten Rand-Detail

 

Die Messungen zeigen entsprechend Abbildung 9.3.14.3 links, dass aufgrund der geringen Bauhöhe der Decke und der fehlenden Mineralwolle-Hohlraumdämpfung in den unteren Oktaven deutlich zu lange Nachhallzeiten vorliegen. Deshalb wurde vorgeschlagen, die Holzwolleplatten zunächst abzuschrauben, dann kreuzweise zu den Schalbrettern Theaterlatten 28/58mm aus KVH zu montieren und etwa 20 bis 30 mm dicke Mineralwolleplatten einzuklemmen. Anschließend könne man die Holzwolleplatten wieder anschrauben. Zusätzlich sollte man an dem in Abbildung 9.3.14.1 markierten Bereich ein schallabsorbierendes Rückwandpaneel anbringen. Diese Rechenwerte sind mit der hellblauen und dunkelblauen Kurve dargestellt.

Weil die zuständige Sachbearbeiterin mitteilte, sie sei angewiesen worden, lediglich einen Teppich zu verlegen, aber keine weiteren Maßnahmen auszuführen, wurde auch die damit zu erwartende Wirkung berechnet. Wegen der nicht ausreichenden Werte entsprechend der orangen Kurve wurde davon abgeraten.

Abbildung 9.3.14.3

links das erste Messergebnis der Nachhallzeiten                               rechts die Ergebnisse der Nachmessungen
mit Berechnungen für Decke allein (hellblau),                                        mit Teppichboden im Vergleich zur ersten
Decke und Wandpaneel (dunkelblau)                                                      Messung und der Prognose-Berechnung
sowie für „nur Teppich“ (orange)

 

In der Abbildung 9.3.14.3 rechts sind die Ergebnisse der Nachhallzeitmessung nach Abschluss der Baumaßnahme dargestellt, bei der - trotz der vorangegangenen Warnung - lediglich ein Teppich-boden verlegt worden ist. Die orange Kurve zeigt nochmals zum Vergleich die Rechenwerte. Zunächst standen die Stühle, wie auch in Abbildung 9.3.14.1 zu sehen, auf dem Boden. Das führte zu den grün dargestellten Messwerten. In der Hoffnung, dass mit einer besseren Diffusität des Schallfeldes der Schall den Teppichboden besser erreicht und stärker absorbiert wird, wurden die Stühle in der Parkposition hochgestellt. Dann ragen die Stuhllehnen über die Tische hinaus. Entsprechend der roten Kurve war die Wirkung aber sehr begrenzt. Vielmehr kann man erkennen, dass bei den hohen Frequenzen der Teppich durch die Tischplatten abgeschirmt wird, sodass dort die Wirkung geringer ist, als berechnet.

Die Sachbearbeiterin äußerte sich nach Erhalt des zweiten Messberichtes: „Wie gut, dass ich jetzt auch schriftlich vorliegen habe, dass das rausgeschmissenes Geld war.“

Auf die verwunderte Frage, warum denn anstelle von preisgünstigem Standard-Nadelfilz ein Kugelgarn-Teppichboden verlegt worden sei, erklärte die Hausmeisterin, der Bodenleger habe das vorgeschlagen. Wenn ein Teppich verklebt werden soll, dann müsse man bedenken, dass Nadelfilz beim Verkleben Spannungen erzeugt. Deshalb sei zunächst der Altbelag zu entfernen, der Kleber abzustoßen, der Estrich zu fräsen und neu zu spachteln. Erst danach wäre ein Verkleben von Nadelfilz möglich. Kugelgarn ist dagegen spannungsfrei einzubringen, kann also nach einer Grund-reinigung des Altbelages direkt verklebt oder sogar als „selbstliegende Teppichfliesen“ eingebracht werden, was dann deutlich zeit- und damit auch kostengünstiger ist. Deshalb sei hier so verfahren worden.

Was ist bei raumakustischen Umbauten und Sanierungen zu bedenken?
- vorab Messungen von Nachhallzeit durchführen lassen, Messung A
- maßgebliche Flächen für zusätzliche Absorber ermitteln
- erst danach sinnvolle Lösungen erarbeiten
- die vorgeschlagenen Lösungen auch umsetzen (keine „Billig-Alternativen“)
- Ausführende Firmen mit Rahmenverträgen verwenden häufig aus
  wirtschaftlichen Gründen nicht das beste, sondern das günstigste Material
- baubegleitende Begutachtung und Beratung
- Abnahme-Messungen durchführen lassen, Messung B
- A.B-Vergleich anfertigen

 

Stand 2025-04-10