9.3.2  Flure und Treppenräume ohne Absorberflächen

In einem Schul-Neubau wurde zwar das Haupt-Treppenhaus mit schallabsorbierenden Gipskarton-Lochplatten ausgestattet, aber die angrenzenden Flure erhielten GK-Decken ohne Lochung und in den Treppenräumen wurden die Betondecken lediglich angestrichen.

Abbildung 9.3.2.1: Flur mit geschlossener Gipskartondecke und Treppenhaus mit gestrichenem Beton

 

Die ausgeführten Nachhallzeitmessungen zeigen entsprechend Abbildung 9.3.2.2, dass in den beiden gemessenen EG-Fluren günstigere Werte vorlagen, als in den Fluren der Obergeschosse. In den Treppenräumen waren sie vom EG bis zum 2. OG einheitlich schlecht. Die auffällig besseren Werte im EG lassen sich leicht erklären. Die dort verlegten Sauberlaufmatten hatten fast die gleiche Schallabsorption wie alle anderen Flächen zusammen. Dadurch sind die Nachhallzeiten dort nur etwa halb so lang, aber noch immer weit entfernt von dem rot gestichelten Sollwert. Eine Aufnahme der Nachhall-Situation in einem der Flure ist hier anzuhören.

Abbildung 9.3.2.2: Nachhallzeiten aus vier Fluren und zwei                   Abbildung 9.3.2.3: Ausschnitt aus dem
Treppenräumen sowie Sollwert für RG B3 (rot gestichelt)                                STI-Messprotokoll des Lieferanten

Der Ersteller den Beschallungsanlage hat ein Messprotokoll von 4 Seiten abgeliefert, in dem für jeden Raum der Sprachübertragungsindex STI und der erreichte Schallpegel aufgelistet waren. Weil die Ergebnisse aber nicht kommentiert waren, wurde nach dem Verfahren „Lochen und Abheften“ gehandelt. Erst auf Klagen der Hausmeisterin, dass die Kinder auf ihre Durchsagen in den Fluren und Treppenräumen überhaupt nicht reagieren, wurde es hervorgeholt. Nun zeigte sich, dass der Mindestwert STI ≥ 0,50 für die Notfall-Alarmierung zwar in allen Räumen gut erreicht bzw. weit überschritten war, nicht aber in den Fluren und Treppenräumen.

Nach langem Hin und Her - insbesondere über die zusätzlichen Planungsleistungen für Decken-spiegel unter Berücksichtigung der „freihändig“ montierten Installationen nach Abbildung 9.3.2.1 rechts - wurden die horizontalen Flächen in den Treppenräumen mit HWL-Platten und MiWo-Hinterlegung nachgerüstet. An den geschlossenen GK-Decken der Flure hat man, je nach vorhandenem Platz, 40 mm dicke Mineralwolleplatten angeklebt. Damit wurde etwa die Mindestanforderung für „Eingangshallen, Flure, Treppenräume u. ä. Verkehrsflächen in Schulen“ gemäß Raumgruppe B3 erreicht, sodass jetzt der STI ≥ 0,50 überall eingehalten wird.

Ob die Kosten der Nachbesserungen im Verhältnis zu einer von vornherein sachgerechten Planung nachkalkuliert wurden, ist unbekannt. Die „nicht so gute“ Gestaltung ist ohnehin nicht kalkulierbar.

Dass stark nachhallende Flure und Treppenräume bei weitem keine „seltenen Einzelfälle“ sind, sondern immer wieder (bei Weitem nicht nur in den Altbauten unserer Vorväter) vorkommen, zeigen die folgenden Abbildungen. Neubauten sind mit roten Linien dargestellt, Altbauten mit blauen.

Abbildung 9.3.2.4: Nachhallzeiten aus Fluren und Treppenräumen von Bildungsbauten,
Altbauten blau, Neubauten rot sowie Sollwerte für RG B3 (gestichelt)

 

Zahlreiche Altbauten wurden in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durch Anschrauben der damals aufkommenden etwa 15 mm dicken „Schallschutzplatten“ aus gelochten Holzweichfaser- und Leichtspan-Platten nachgebessert. Deren für damalige Verhältnisse „nicht schlechte“ Wirkung ist aber leider in der Zwischenzeit durch mehrfache Anstriche bei Renovierungsarbeiten wieder verloren gegangen.

Abbildung 9.3.2.5: „Schallschutz“-Decken aus Holzweichfaser-Platten im „fast noch originalen“ und im mehrfach angestrichenen Zustand

 

Was darf man bei Fluren und Treppenräumen nicht vergessen?

Flure und Treppenhäuser gehören zu den regelmäßig lautesten Bereichen von Bildungsbauten, deshalb
- mindestens die Hälfte der Decke hoch- bis höchstgradig
  absorbierend belegen (αw≥ 0,80)
- bei geringeren Absorptionsgraden mehr Deckenfläche einplanen
- wenn nicht mindestens die Raumgruppe B3 erreicht wird,
  ist die Sprachverständlichkeit von Notfall-Durchsagen nicht gewährleistet
-
dann haften im Ernstfall die Planerinnen
für
                                      
Schäden an Leib und Leben

 

Stand 2025-04-11